Not macht erfinderisch
Schon lange träumte der Braumeister von einem reinen, alkoholfreien Erfrischungsgetränk und tüftelte Tag und Nacht an einer Rezeptur, die heute als Bionade Erfolgsgeschichte schreibt. Und diese Geschichte ist so faszinierend, dass sie inzwischen sogar in Buchform nachzulesen ist. Die Autorin Bettina Weiguny ist dem Mythos Bionade auf den Grund gegangen und lässt den Leser dabei tief in die Flasche blicken: So erfährt man, dass es der Kombucha-Pilz war, der als Grundlage für die Rezeptur diente. Da der Hefen, Essigsäure, Milchsäure und vor allem Gluconsäure enthält, die mild ist und deshalb bei der Herstellung von Limonade weniger Zuckerzusatz als üblich benötigt. Auch welche Stationen des Erfolgs und des Scheiterns die Familie bewältigen musste, lesen sich in dem Buch wie in einem Wirtschaftskrimi.Fall und Aufstieg der Bionade
1995 war das Geburtsjahr der Bio-Limonade und mit viel Pioniergeist kämpfte die gesamte Familie dafür, ihr Produkt in aller Munde zu bringen. Dabei mussten Dieter Peter, seine Frau Sigrid Peter-Leipold und die Söhne Peter und Stephan Kowalsky immer wieder herbe Rückschläge einstecken: Investoren kamen und gingen, Verbraucherschützer wollten die Bionade stürzen, da die Inhaltsstoffe nicht biologisch waren - sondern nur das Herstellungsverfahren. Die Bionade wurde ursprünglich nämlich so getauft, weil sie in einem biotechnologischen Verfahren hergestellt wird. Die Familienbande ließ sich jedoch nicht beirren und benutzt seit dieser Zeit nur Zutaten, die aus biologischem Anbau stammen. Doch der große Erfolg blieb noch immer aus und kurz bevor der wiederholte Bankrott drohte, soll es ein Lottogewinn gewesen sein, der das Fortbestehen der Bionade rettete. Und dann klopfte Fortuna noch einmal an die Brauereitür: Durch einen Zufall wurde Hamburgs größter Getränkehändler Göttsche auf das Bio-Getränk aufmerksam. Er half dabei, dass die Bio-Brause den Sprung vom Szenegetränk zum anerkannten Erfrischungsgetränk schaffte. In den letzten fünf Jahren steigerte sich der Umsatz um geschätzt über 100 Prozent: 2008 sollen rund 250 Millionen Flaschen Bio-Brause getrunken worden sein.Bionade in der Kritik: mangelhafte ökologische Rohstoffe
Das Unternehmen wurde in der Vergangenheit häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, dass die Zutaten für die Bionade nicht zu 100 Prozent Bio seien. Der Grund dafür ist, dass es durch die große Nachfrage immer schwieriger wird, biologisch angebaute Rohstoffe zu beschaffen. Aber auch andere Hersteller haben dieses Problem. "Mit dem Boom der Biolebensmittel sind erstmals auch die Rohstoffe knapp geworden", sagte Annette Mörler vom Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) in einem Interview mit "spiegel online". Die Verbraucherorganisation Foodwatch kontrollierte demnach auch den Inhalt der Bionade auf Bioreinheit. Dabei herausgekommen ist, dass Bionade trotz Bio-Siegel nicht hundertprozentig biologisch ist. "Ausgerechnet das, was der Brause den Geschmack gibt, die Litschis oder Orangen, wird nicht als Rohstoff aus kontrolliert biologischem Anbau gekennzeichnet", sagte Anne Markwardt von Foodwatch dazu in einem Interview. Allerdings ist das kein Betrug, denn die Bionade-Hersteller halten sich an die gesetzlichen Vorschriften, die besagen, dass nur lediglich 95 Prozent der Zutaten biologisch sein müssen, um das Bio-Siegel zu erhalten. Am Beispiel der Marke "Litschi" verdeutlicht Markwardt, dass der Bio-Markt den Bedarf von rund 200 bis 300 Tonnen der Früchte pro Jahr nicht hergibt. Bionade-Chef Peter Kowalsky argumentierte dagegen: "Wir laufen dem Angebot an Litschi schon immer hinterher. Aber wenn die Rohstoffe nicht in der richtigen Qualität vorhanden sind, dann setzen wir sie nicht ein". Und um den Lieferengpässen ein Ende zu bereiten, baut die Familienfirma aus der Rhön jetzt selbst Litschi-Plantagen an. Die Bio-Limo-Pioniere setzen nach wie vor auf ihr "Reinheitsgebot" - und dieses Ziel wollen sie weiter verfolgen. Jetzt gibt es eine neue Bionade-Geschmacksrichtung: Quitte. Und um eventuellen Lieferengpässen für die weitgehend unbekannte Frucht vorzubeugen, wird diese jetzt schon großflächig in der Rhön angebaut - in Bioqualität versteht sich.Lesetipp: Bettina Weiguny: BIONADE – Eine Limo verändert die Welt 19,95 Euro, Eichborn Verlag (2009).