Bisphenol A (BPA) hat eine östrogenisierende Wirkung, ähnelt also den weiblichen Sexualhormonen. Mit dem hormonartigen Stoff werden viele Krankheiten, die oft erst im späteren Leben auftreten, in Verbindung gebracht. Dazu gehören Unfruchtbarkeit, Brustkrebs und eine Schädigung der Gehirnentwicklung. Auch Frühreife, eine reduzierte Spermienzahl oder auch Verhaltensstörungen werden als mögliche gesundheitliche Probleme im Kontext von Bisphenol A diskutiert. Gut zu wissen: Alle Ergebnisse unabhängiger wissenschaftlicher Untersuchungen der letzten Jahre weisen auf eine Gesundheitsgefährdung von BPA hin, während alle von der Industrie durchgeführten Studien Entwarnung gaben.
Fünf von sechs untersuchten Schnullerfabrikaten, darunter vier mit Latex-Saugern und eines mit Silikon-Saugteil, hätten bereits nach einer Stunde Bisphenol A in Mengen zwischen ein und zehn Mikrogramm pro Liter in eine speichelähnliche Salzlösung abgegeben, teilte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland mit. Lediglich aus dem mit "BPA-free" beworbenen Schnuller des Herstellers MAM seien keine nachweisbaren Mengen ausgetreten. Besonders fatal: Das von den Herstellern vor dem Einsatz empfohlene Auskochen der Schnuller habe in den Versuchen zu einer Erhöhung der BPA-Werte um ein Vielfaches geführt, heißt es in der Pressemitteilung des BUND weiter.
Die höchsten Konzentrationen an Bisphenol A wurden demnach in den Kunststoffschildchen gefunden, die den Schnullersauger halten. Der BUND forderte die Schnullerhersteller auf, bei der Produktion der Kunststoffschilde gänzlich auf Polycarbonat, für das Bisphenol den Ausgangsstoff bildet, zu verzichten, denn es seien weitere wesentliche Faktoren im realen Gebrauch der Schnuller in den Untersuchungen noch unberücksichtigt geblieben. Dazu gehörten neben der tatsächlichen Dauer des Nuckelns die mechanische Beanspruchung des Schnullers, mögliche Beschädigungen durch die Zähne der Kinder sowie Materialermüdung oder Alterung. Die Testergebnisse zeigten, dass allein ein kurzer Kontakt der Schnuller mit dem Speichel zur Freisetzung relevanter Mengen der hormonell wirksamen Chemikalie führt.
Die Hersteller reagierten schnell auf die jüngsten belastetenden Beweise gegen ihre BPA-verseuchten Nuckel, berichtete der BUND: "Fast alle Schnullerhersteller haben auf unsere Untersuchungen reagiert und wollen auf Bisphenol-A-haltige Kunststoffe in ihren Produkten verzichten. Wir freuen uns über dieses prompte Handeln, denn nur so lassen sich die Risiken für Säuglinge und Kleinkinder künftig ausschließen", sagte der BUND-Chemieexperte Heribert Wefers Anfang November.
Demnach nahmen die Handelsketten Kaufland und Drogeriemärkte von Schlecker Bisphenol-A-belastete Babyschnuller aus ihrem Sortiment. Die Umstellung der Produktion ihrer Schnuller auf Bisphenol-A-freie Ausgangsmaterialien kündigten laut BUND die Hersteller von NUK-, Babylove- und Baby-Nova-Schnullern an. Damit reagieren diese Händler sowie Hersteller wie Mapa, dm-Drogerie Markt und Novatex direkt auf die Testergebnisse des BUND.
Bis Anfang November noch keine Umstellung seiner Produktion hat dem BUND zufolge hingegen das Unternehmen Philips in Aussicht gestellt, übrigens der Hersteller der im Test am höchsten belasteten Schnuller der Marke AVENT. Wefers kommentiert dies mit den Worten: "Das Verhalten von Philips ist unverantwortlich. Hormonartig wirksame Chemikalien haben in Babyschnullern nichts zu suchen. Außerdem zeigen die Maßnahmen der anderen Firmen, dass man leicht darauf verzichten kann. Philips sollte schleunigst nachziehen und Bisphenol A ebenfalls aus seinen Produkten verbannen."