Leo Hickman möchte keinen Ratgeber schreiben, aber trotzdem ehrliche Tipps geben. Darum lässt er sich auf einen Selbstversuch ein: Sein Buch ist eine Art Tagebuch geworden, voller Reflexionen und guter Ratschläge sowie Abwägungen für ein nachhaltigeres Leben.
Um zu erfahren, auf welchem Stand Leo, seine Frau Jane und das kleine Töchterlein Esme aus ethischer Perspektive sind, lädt Leo entsprechend wissende Berater in seine Wohnung ein: Die Redakteurin des ethischen Verbrauchermagazins "Ethical Consumer" Hannah, die "Planet Organic"-Bioläden-Gründerin Renée und den Marketingleiter von "Friends of Earth": Mike. Fortan durchforsten Hannah, Mike und Renée in offensichtlicher Mission die Wohnung der Hickmans in London. Wie anzunehmen stößt der Lebensstil der Kleinfamilie nicht unbedingt auf Begeisterung: Der Großteil der Nahrungstmittel ist weder Fairtrade noch Bio, Produkte von Großkonzernen reihen sich im Badezimmerschrank auf und in jedem Winkel der Wohnung scheint sich etwas Umweltschädliches zu räkeln.
Nach und nach versuchen die Hickmans sich ethisch korrekter zu entscheiden und bemerken, wie schwer es ihnen teilweise fällt. So ist zum Beispiel die Reise nach Italien mit kleiner Tochter alles andere als leicht: Mit der Bahn reisen sie von England nach Italien, da es umweltbewusster ist - dafür allerdings auch teurer, zeitraubender und anstrengender mit Kleinkind im Gepäck.
Doch wer hat gesagt, ein gutes Leben wäre leicht zu bekommen? Die Hickmans bemühen sich und beginnen, lokale Händler zu unterstützen und ehrenamtliche Tätigkeiten in ihrem Viertel wahrzunehmen.
Während das Jahr voran schreitet, probieren die Hickmans aus, reflektieren und probieren aufs Neue. Immer wieder werden die Berater eingeführt, die auf die einen oder anderen versteckten unethischen Produkte und Lebensgewohnheiten hinweisen. Die Familie bemüht sich mit einem Wurmkomposter, einer Bio-Abo-Kiste, Zitronen und Essig statt chemischer Reinigungsmittel zum Toiletteputzen und Mülltrennung um einen Einstieg in ein ethisch korrektes Leben. Nach den ersten hundert Seiten flicht Hickman Briefe mit in sein Buch ein, die er als Reaktion auf seinen zunehmenden Frust über das Experiment geschickt bekommt. Viele Briefe, die Hickman hier zitiert, berichten vom eigenen Bemühen um ein Leben ohne schlechtes Gewissen und können nicht nur Hickman sondern auch den Leser inspirieren.
"Fast nackt" geht zwar über einen gängigen Ratgeber mit Energiesparrtipps hinaus, könnte aber für jemanden, der sich schon im Bereich Ökologie und Fairtrade engagiert, öde sein. Für alle anderen Leser ist es eine Motivation, Höhen und Tiefen bei dem Streben nach einem gesunden und gerechten Leben für sich und seine Familie zu durchschreiten und zu wissen: Du bist nicht allein ...
Infos zum Buch: Leo Hickman: "Fast nackt – Mein abenteuerlicher Versuch, ethisch korrekt zu leben", Piper Verlag, München 2008, ISBN 978-3-492-25022-1 , 319 Seiten, Preis: 8,95 Euro.