Verbraucher, die zu Ökostromanbietern wechseln, können jedoch keineswegs sicher sein, tatsächlich grünen Strom zu beziehen und erneuerbare Energien zu fördern: Häufig steckt hinter dem vermeintlichen Ökostrom Energie aus Kohle- und Atomkraftwerken. Man bedenke auch, dass die Farbe des Stroms aus der Steckdose nur Etikett ist - funktional physikalisch gesehen ist Strom gleich Strom. Worauf es ankäme, so Experten, sei der Herkunftsnachweis des Stroms, also die Glaubwürdigkeit der im wahrsten Sinne des Wortes "Stromquelle". Je nach Art der Gewinnung sei der Strom dann entweder grün - oder eben nicht.
Wie Kohle- und Atomstrom grün gefärbt wird
Stromanbieter, die mit Ökostrom werben, versorgen ihre Kunden nicht unbedingt mit grüner Energie. Der Begriff "Ökostrom" ist nämlich nicht an einheitliche Standards gebunden und darf von jedem verwendet werden.Deshalb ist es Stromanbietern möglich, Kunden mit Atom- und Kohlestrom zu versorgen, diesen aber als Ökostrom zu bezeichnen. Das Ganze funktioniert mithilfe von RECS-Zertifikaten ("Renewable Energy Certificate System", englisch für "Erneuerbare-Energie-Zertifizierungssystem").
Diese Zertifikate werden registrierten Ökostrom-Erzeugern für jedes produzierte Megawatt Strom pro Stunde ausgestellt und anschließend in einer Datenbank für den Stromhandel zur Verfügung gestellt. Stromanbieter können die RECS-Zertifikate preiswert erwerben und haben damit das Recht, ihren aus Kohle- und Atomkraftwerken stammenden Strom als Ökostrom auszugeben. Die Zertifikate sagen jedoch nichts anderes aus, als dass in irgendeinem anderen Kraftwerk in Europa die gleiche Menge Ökostrom hergestellt wurde, wie der Kunde bezieht. Die umweltfreundlichen Energieerzeuger, die ihre Zertifikate verkaufen, müssen im Gegenzug ihren tatsächlichen Ökostrom als Kohle- und Atomstrom handeln. Es findet also lediglich ein Tausch der Etiketten statt.
Kunden, die eigentlich erneuerbare Energie unterstützen wollen, finanzieren auf diese Weise Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken, denn der größte Teil des Geldes kommt den Energieversorgern zugute, die ihrem Strom das Etikett "Öko" aufkleben. Die Erzeuger grüner Energie erhalten lediglich den kaum nennenswerten Mehrbetrag, der durch den Verkauf der RECS-Zertifikate entsteht. Der Ausbau erneuerbarer Energien wird so nicht gefördert.
Darüber hinaus gibt es noch weitere Strategien, Kohle- und Atomstrom grün zu färben: "Manche Stromkonzerne, die alle Arten von Energieerzeugung und maßgeschneiderte Tarife im Portfolio haben, bieten zwar der wachsenden Zahl von grünen Verbrauchern Öko-Strom an. Doch das geht auf Kosten des restlichen Energiemix, der einfach weniger Öko-Strom beinhaltet", erklärt Jürgen Stellpflug, Chefredakteur des Frankfurter Verbrauchermagazins "Öko-Test".
Öko-Test kritisiert zudem, dass einige Stromanbieter Ökostrom bei alten Wasserwerken im Ausland einkauften. In der Folge investierten die ausländischen Stromerzeuger häufig in neue Kohle- und Atomkraftwerke, um die Angebotslücke zu schließen.
Echte Ökostromanbieter
Verbraucher sollten daher genau prüfen, woher der Strom tatsächlich stammt. Ungenaue und nicht weiter ausgeführte Begriffe wie "regenerative Stromquellen" sagen kaum etwas aus und können Kunden leicht in die Irre führen.Stromanbieter, die tatsächlich in erneuerbare Energie investieren, sind zum Beispiel Lichtblick, Greenpeace energy, Naturstrom, Naturwatt, Polarstern oder Naturenergie. Einige Ökostromanbieter verzichten nach eigenen Angaben ganz auf den Kauf von RECS-Zertifikate, darunter Greenpeace energy, EWS Schönau und Naturstrom. Sie beziehen den Strom vor allem aus Wasserkraft, aber auch aus Solar-, Biomasse- oder Windenergie. Das Geld fließt somit nicht mehr in die Kassen von Kohle- oder Atomkraftwerken, sondern kommt nur den Erzeugern erneuerbarer Energien zugute. Seriöse Ökostromanbieter erhalten ihren Strom außerdem aus Neuanlagen oder fördern diese mit einem festgelegten Betrag.
Label für Ökostrom
Es gibt zudem Öko-Label, die Stromanbieter auszeichnen, die tatsächlich in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren. Dazu gehören das "Grüner Strom Label" sowie das "ok-power Label". Das "ok-power Label", mit dem unter anderem Lichtblick, Naturenergie und auch Vattenfall zertifiziert sind, erlaubt jedoch den Kauf von RECS-Zertifikaten, um "schmutzigen" Strom grün zu färben.Wer als Verbraucher den Durchblick behalten will, kann sich sogenannte Vergleichsportale im Internet anschauen. Ein Vergleich auf Stromanbietervergleich.net zum Beispiel informiert nicht nur über aktuelle Strompreise, darunter auch die Preise von Ökostromanbietern, sondern Stromanbietervergleich.net filtert das Angebot zusätzlich auch nach Ökostrom-Zertifikaten wie "OK-Power Label" und "Grüner Strom Label".
Anmerkung der Redaktion: Fälschlicherweise bezeichneten wir in dem Absatz "Echte Ökostromanbieter" "OptimalGrün und GenialGrün" als sauberen Energielieferanten. Nach einem Leserhinweis überprüften wir den Stromanbieter und stellten fest, dass bei diesem Anbieter keine dementsprechende Zertifizierung vorliegt. Wir haben den Fehler ausgebessert, entschuldigen uns dafür und bedanken uns für den hilfreichen Hinweis.